Lisa Bassenge – Nur Fort

Es fühlt sich an wie eine Heimkehr. Lisa Bassenge, deren samtene Stimme wie keine andere für jungen Jazz Made in Germany steht, hat mit „Nur Fort“ ihr erstes beinahe ausschließlich deutsches Album aufgenommen und überrascht uns erneut: unbefangen und wie selbstverständlich singt die Künstlerin zauberhafte Eigenkompositionen, sowie moderne Klassiker der deutschen Musikgeschichte und das in ihrer Muttersprache – so charmant, cool, relaxed und sophisticated, wie man es bisher noch nicht erlebt hat.

Die in Berlin-Zehlendorf aufgewachsene Sängerin gründete 1996 zusammen mit dem Bassisten Paul Kleber und dem Pianisten Andreas Schmidt das Lisa Bassenge Trio, das später zum Quintett wurde und inzwischen nur noch unter dem Namen Lisa Bassenge firmiert. Bislang erschienen vier Studioalben und eine Live-Platte, bislang dominierte auf allen Veröffentlichungen Englisch, die universelle Sprache des Pop. Auf „Nur Fort“ wagen Bassenge und ihre musikalischen Mitstreiter nun einen anderen, aber umso überzeugenderen Ansatz. In der Besetzung Paul Kleber (Bass), Christoph Adams (Klavier / Keyboard / Akkordeon), Christian Kögel (Gitarre) und Rainer Winch (Percussion), wird nun fast nur Deutsch gesungen.

„Deutsch ist einfach meine Sprache und es macht Spaß, in ihr zu singen“, so Bassenge. Erst mit der Zeit sei ihr klar geworden, wie viel man auf Deutsch ausdrücken kann. Ihre Musiker danken es ihr mit einer frischen, ungestümen Spielfreude, die deutlich macht, wie perfekt die Band ihres Soloprojekts zusammen gewachsen ist und miteinander harmoniert. Einen fremdsprachlichen Ausreißer gönnt man sich auf „Nur Fort“ dann aber doch: Das selbst komponierte „Girl in the Mirror“ mit einem aufregenden Gast. Die Pedal-Steel-Gitarre spielt Paul Niehaus von Calexico. Die Mariachi-Trompete aus dem Titelsong „Nur Fort“ stammt übrigens ebenfalls von einem Calexico Musiker: Martin Wenk, der auch bei Nada Surf mitwirkt.

Die Musik von Lisa Bassenge handelt vom Weggehen und vom Aufbrechen. Von der Einsamkeit in der Menge und dem Kummer des Nichtzurückgeliebtwerdens. Bassenge singt in ihrer unnachahmlichen Art über einen Spaziergang auf einem zugefrorenen See oder über Fernsucht und dem Gefühl, dass es anderswo eben doch besser sein könnte als hier. Das klingt nach viel Schwermut, wird aber locker und flirrend leicht durch ihre gewohnt virtuose Gesangskunst und die sensible Ausgelassenheit ihrer Band. „Nur Fort“ ist schließlich beinahe eine Country-Platte geworden, ein urbane Melancholie mit einem Hauch Spaghetti Western, an deren Ende, dem Instrumentalstück „Aus der wilden Weste“, tatsächlich in den Sonnenuntergang geritten wird.

So gelingt Bassenge, die auch mit den Bands Micatone (seit 1999) und Nylon (seit 2004) erfolgreich unterwegs ist, auf Ihrem aktuellen Album das Kunststück, außergewöhnliche Pfade zu erschließen und sich gleichzeitig treu zu bleiben. Wie selbstverständlich reiht sie Altes an Neues, Fremdes an Persönliches und findet selbstbewusst ihren eigenen Stil, ohne dabei ihre Wurzeln zu vergessen.

Dem Jazz ist in diesem Lande schon viel passiert, etwas Besseres als Lisa Bassenge mit ihrem neuen Album „Nur Fort“ aber war schon lange nicht mehr dabei. Es ist eine Heimkehr und zugleich auch ein Aufbruch in eine andere künstlerische Dimension. Nur fort? Wir kommen gerne mit!

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